Samstag, 25. Januar 2014

Bildung ist unser höchstes Gut

Der Großteil der meisten Junglehrer in Bayern ist derzeit unzufrieden mit seiner/ihrer Situation. Deshalb werden Flashmobs organisiert, Briefe an Abgeordnete verfasst oder auch die Elternbeiräte mit ins Boot geholt. Warum die Unzufriedenheit so dermaßen groß ist, soll hier kurz zusammengefasst werden.

Was kommt nach dem Referendariat?

Nach dem Lehramtsstudium geht es ins Referendariat. Dies ist (noch) garantiert und auch gut so. Weniger gut ist allerdings der Inhalt des Referendariats. Neben dem eigenständigen und selbstverantwortlichen Unterricht erwartet die jungen Lehramtsanwärter Lehrproben, mündliche Prüfungen, schriftliche Hausarbeiten und vieles mehr. Zeitlich ist dies kaum zu bewerkstelligen, trotz der "freien Zeit" in den Ferien (zum Zeit-/Belastungsfaktor als Lehrer geht's hier). Die extrem fragwürdige Art und Weise, wie die Noten während des Referendariats zustandekommen, ist dabei ein Kapitel für sich, das an anderer Stelle behandelt werden muss.
Wer diese zwei Jahre übersteht steht leider häufig vor dem Nichts. Kaum einer der fertigen Referendare bekommt heute noch eine Planstelle beim Freistaat Bayern, auch private, kirchliche oder städtische Schulen stellen nur noch vereinzelt ein.

Hierzu ein paar Zahlen für die Realschule: Von über 2000 Bewerben wurden lediglich 295 übernommen.
Am Gymnasium schaut es absolut gleich aus, an manchen Stellen sogar noch etwas schlimmer.
Dabei ist zu erwähnen, dass für die meisten Betroffenen diese Zahlen zu Beginn des Studiums nicht bekannt waren, damals wurde händeringend um neue Lehrer geworben, weshalb viele erst ihr Studium aufgenommen haben.
Diese Zahlen treffen alle Absolventen, auch die mit einer eins vor dem Komma bzw. die Jahrgangsbesten, die z.B. mit den Fächern Deutsch/Geschichte auch nicht übernommen wurden (außer den oder die mit dem besten Schnitt, der/die muss übernommen werden).
Die überwiegende Mehrheit der fertigen Lehrer muss sich also nach Alternativen umschauen. Nach einer ca. 6-jährigen Ausbildung, wohlgemerkt.

Alternative als Angestellter

Wie schauen also die Alternativen der Junglehrer aus? Mit viel Glück bekommt man eine der begehrten Planstellen an einer städtischen Schule. Dies ist aber auch nur noch mit wenigen Fächerverbindungen möglich, mit beispielsweise Deutsch oder Geschichte hat man auch hier keine Chance mehr.
Andere bekommen einen Vertrag als Angestellter. Egal ob beim Staat, kirchlichen, privaten oder städtischen Schulen. So weit so gut, ich bin wahrlich kein Anhänger des momentanen Beamtentums, auch ein Angstelltenverhältnis kann etwas sehr Feines sein. Allerdings nicht in der Form, wie es derzeit praktiziert wird. Fast immer wird nur ein Einjahresvertrag angeboten, häufig auch nur als Teilzeitkraft. Nach einem Jahr steht man dann vor der gleichen Problematik, keinen Job zu finden.
Auch die unterschiedliche Bezahlung zwischen Angestellten und Beamten ist eine absolute Frechheit. Während sich ein Berufsanfänger als Beamter über knapp 3000 Euro netto freuen kann, sind dies bei Angestellten 1000 Euro weniger. Bei gleicher Arbeit, gleicher Belastung, gleichem Engagement, etc. Mit einer schlechteren Krankenversicherung, ohne Pensionsansprüche und mit vielen weiteren kleineren Nachteilen (z.B. bei der Autoversicherung).
Diese Diskrepanz ist ein wesentlicher Nachteil, der auch dann beseitigt wird, wenn der befristete Vertrag in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt werden sollte. Warum Menschen für die gleiche Arbeit derart ungleich behandelt werden, ist mir ein absolutes Rätsel (ich fordere dabei keineswegs die Anhebung der Angestelltengehälter auf Beamtenverhältnisse, aber warum kann man sich nicht in der Mitte treffen?).

Und wenn das auch nicht klappt

Wie gesagt, ein Angestelltenverhältnis beim Staat oder einer städtischen Schule zu bekommen, ist keineswegs selbstverständlich, in vielen fällen klappt auch das nicht. Man muss nach weiteren Alternativen Ausschau halten.
Eine davon wäre eine Anstellung an einer privaten Schule. Abgesehen von der Tatsache, dass das Schülerklientel oftmals schwierig ist (die, die es an einer Regelschule nicht geschafft haben bzw. ausgeschlossen wurden), bieten viele Schulen ihren Lehrern "Knebelverträge" an. Diese besagen dann z.B., dass erst nach erste die elfte Vertretungsstunde im Monat bezahlt wird. Klar, dass alle dann genau knapp darunter liegen. Auch werden oftmals die Ferien nicht bezahlt oder für "kleine" Klassen (unter 25 Schülern) nur noch 75% des üblichen Gehalts bezahlt.
Auch in Betracht käme ein (befristeter) Wechsel der Schulart. Förderschulen stellen derzeit eine Alternative dar, da Lehrer dort häufig noch Mangelware sind. Die Prognosen besagen, dass sich dies in den nächsten Jahren allerdings auch ändern wird.
Vielseitig Interessierte können auch fachfremd unterrichten, teils in Kombination mit einem Wechsel der Schulart. Beides sind keine Dauerlösungen, denn es hat schon einen Grund, warum sich ein Grundschulstudium von einem gymnasialen Studium unterscheidet. Freilich ist es besser, wenn Kinder an einer Förderschule von einem fachfremden Lehrer in Biologie unterrichtet werden, als wenn sie überhaupt nicht unterrichtet werden, aber auf Dauer kann auch dies keine Alternative sein.
Und wenn selbst dieser Strick reißt, dann bleibt für viele bloß die Arbeitslosigkeit oder die Umorientierung in einen anderen Job. Nach zwei Jahren Referendariat steht einem dabei nicht einmal Arbeitslosengeld zu, sondern lediglich Hartz IV...

Brauchen wir wirklich keine neuen Lehrer?

Die entscheidende Frage ist natürlich: Brauchen wir wirklich keine weiteren Lehrer? Sind die Schulen momentan schon derart gut aufgestellt? Mitnichten! Die Klassen sind nach wie vor hoffnungslos überfüllt, 30 und mehr Schüler sind an der Tagesordnung. Eine individuelle Förderung ist dabei nicht zu verwirklichen, auch leidet das so wichtige persönliche Verhältnis zu den Schülern. Probleme zu Hause, mit Freunden bleiben verborgen, gesundheitliche Schäden (Depressionen, Ritzen, Essstörungen,...) leider häufig auch.
Viele Stunden fallen jede Woche aus, sobald ein Leher krank wird, stehen keine Alternativen bereit.
Es ist weiterhin für viele Schüler schwer, sich ständig an neue Lehrer zu gewöhnen, wenn diese im Ein-Jahres-Rhythmus wechseln müssen. Eine längerfristige Förderung ist dabei nicht möglich.
Das bringt mich wieder zu den Referendaren zurück, die im zweiten Jahr als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden. Würde man deren Stundenzahl wieder verringern, könnten immens viele neue Stellen geschaffen und die Referendare entlastet werden.

Fazit

Natürlich denken die meisten Junglehrer bei den aktuellen Aktionen erst mal an sich und die eigene Situation. Aber wer vor allem auch darunter leidet, sind aktuelle und künftige Schüler. Deshalb sollte die Problematik mehr Leute ansprechen als Lehramtsstudenten, Referendare oder fertige Lehrer.
Bildung ist unser höchstes Gut, bei der derzeitigen Politik des Kultusministeriums in Bayern (aber auch in den meisten anderen Bundesländern) aber stark gefährdet!

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