Dienstag, 17. Juni 2014

Von der Referendarsausbildung und einer ungewöhnlichen Reise

Manche Peinlichkeiten sind so absurd, dass sie fast schon wieder lustig sind. So wie eine Geschichte, die sich während meines ersten Jahres im Referendariats zugespielt hat.
Ums kurz zu machen: Ich machte einen Umweg von fast 200 Kilometern, nur um den Bayerischen Landtag zu besichtigen, den ich normalerweise mit einem gemütlichen zehnminütigen Spaziergang hätte erreichen können.

Wie konnte es dazu kommen?
Während der Ausbildung hält sich der Referendar im ersten Jahr normalerweise nur an einer Schule auf. Dort unterrichtet er, dort bekommt er auch beigebracht, wie dieses "Unterrichten" überhaupt funktioniert (mehr oder weniger...) und lernt viele nützliche Dinge in Sachen Schulrecht, Psychologie, Pädagogik oder politischer Bildung. Zumindest läuft die an bayerischen Realschulen so, in anderen Bundesländern und anderen Schularten herrschen teils chaotische Zustände, die es erfordern können, einmal in der Woche von der Schule zu einem zweiten Ausbildungsstandort zu reisen. Das kann auch schon mal eine mehrstündige Reise (Hin und Zurück) bedeuten, was aufgrund der ohnehin schon knapp bemessenen Zeit im Referendariat in meinen Augen eine Zumutung darstellt.



Wie dem auch sei, in der Realschule war ich sicher vor solchen Zuständen! Das heißt, ich wäre sicher gewesen, hätte ich mich auf meine beiden Fächer (Deutsch, Geschichte) beschränkt. Aber der feine Herr Autor dieses Beitrags musste ja unbedingt noch Sozialkunde als Erweiterungsfach wählen. Dieses wird in ganz Bayern nur an zwei Schulen ausgebildet, was für mich bedeutete, ab und an von München nach Abensberg fahren zu müssen. Zum Glück insgesamt nur acht oder neun Mal in zwei Jahren. Durch unvorteilhafte Zugfahrpläne war dies aber stets mit einem extrem frühen Aufstehen verbunden.
Diese auswärtigen Seminartage wurden immer einige Wochen im Vorfeld schriftlich angekündigt, gleichzeitig wurde auch mitgeteilt, zu welchen Themen man Unterrichtsstunden vorzubereiten habe. Erstattet wurden die Fahrkosten übrigens nicht, der Freistaat Bayern betrachtet die Ausbildung in einem Erweiterungsfach offenbar als Privatvergnügen...

Tag X

Zum Ende des Schuljahres 2011/12 erwartete ich also meinen letzten Seminartag in Abensberg und fuhr in aller Früh (gegen sechs Uhr) an einem Montag los. Knappe zwei Stunden später kam ich an der Schule an und wurde freundlich von Sekretariat und Lehrerkollegium gegrüßt. Nur mein Seminarlehrer war nicht auffindbar. Seltsam, da er zuvor immer sofort zu Stelle war.
Nach einigen Minuten erschien er dann doch, wirkte hektisch und - als er mich erblickte - auch sehr überrascht.
Was ich denn schon heute hier suche, wollte er wissen, der Seminartag wäre doch erst morgen am Dienstag.
Was folgte war einer der schrecklichen Momente im Leben, wo man gerade erfährt/bemerkt, dass man sich einen kapitalen Schnitzer geleistet hat. Sicher, die Folgen waren nicht gravierend, als Referendar konnte man mich an meiner eigentlichen Schule locker entbehren, aber die Peinlichkeit meiner Unachtsamkeit machte diesen Fakt wett.
Nun denn, jetzt war ich schon mal da, also erkundigte ich mich, ob man den Seminartag nicht einfach vorziehen könne. "Klar! Also normalerweise. Heute fahren wir aber leider mit zwei Klassen in den Bayerischen Landtag." Aber ich dürfe natürlich gerne mitkommen.
Zurück nach München. Mit dem Bus und 50 Schülern. Nach 30 Minuten Aufenthalt in Abensberg. Und zweistündiger Anreise. Verrückt! Da amüsierte auch den Ausbilder. Und die Kollegen in Abensberg und München. Und den Konrektor bei meinem Anruf an meiner Münchner Schule. Und wohl auch alle anderen (selbst mich nach ein paar Stunden).

Also rein in den Bus, wieder knapp 90 Minuten Fahrt, bis wir am Landtag ankamen. Wie anfangs beschrieben, wurde aus dem zehnminütigen Spaziergang so insgesamt etwa vier Stunden Anreise. Als Entschädigung gab es eine tolle Führung im Landtag, inklusive Diskussion mit einem Abgeordneten und Probesitzen auf den unbeschreiblich Stühlen im Plenarsaal.
Und am nächsten Tag eine erneute Reise nach Abensberg, wo ich dann aber dankenswerterweise von einem Kollegen mitgenommen wurde, der - wie sich herausstellte - in der Nachbarschaft wohnte und tatsächlich nur zehn Minuten zum Landtag gebraucht hat.
Kluger Mann...

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